SonstigesStadterhebung
- Ab / Am
- 01.06.1947
Auf Grundlage der Steiermärkischen Gemeindeordnung kann durch Verordnung der Landesregierung Gemeinden, denen eine überragende Bedeutung zukommt, das Recht zur Führung der Bezeichnung "Stadtgemeinde" verliehen werden. Mit dem Recht zur Führung der Bezeichnungen "Stadtgemeinde" oder "Marktgemeinde" sind keine weiteren Rechte verbunden. In der Regel sind folgende Voraussetzungen erforderlich: Stadtgemeinden sollen sich vor allem auf Grund einer bedeutenderen Funktion als zentraler Ort eines größeren Umlandbereiches von den übrigen Gemeinden unterscheiden, wie ja das Kriterium der zentral örtlichen Bedeutung auch für den historischen Stadtbegriff eine wesentliche Rolle spielte. Die Gemeinde muss hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Bevölkerungszahl, ihres baulichen Gefüges und ihres kulturellen Gepräges überragende Bedeutung besitzen. Mit Landtagsbeschluss vom 02.04.1947 wurde das damalige Dorf Liezen mit Wirkung vom 01.06.1947 zur Stadt erhoben, ohne jemals den rechtlichen Status eines Marktes erlangt zu haben. Die entprechende große Feier fand erst am am 13. September 1947 statt.
Antrag zur Markterhebung
- 22.09.1871
Das bauliche Werden der Stadt
- 1938 - 1945
Die bauliche Entwicklung, die dazu geführt hatte, aus dem früheren Dorf eine Stadt entstehen zu lassen, schildert der ehemalige Stadtchronist Rudolf Polzer wie folgt:
Vorwort
Die Jahre 1938 und 1939 brachten, abgesehen von der so großen politischen Wende, für das noch kleine Liezen den Beginn eines neuen Zeitabschnittes. Der Ort Liezen war nach seiner alten Funktion als Knotenpunkt an Straßen mit Einkehr- und Nächtigungsmöglichkeiten ab 1850 der Sitz von Behörden und Amtern geworden. Die neue Zeit nun brachte eine Industrieanlage und damit war der Bau von eigenen Siedlungen für dieses Werk notwendig geworden. Während dieser neuerrichtete Betrieb im Osten des Ortskerns entstand, wurde diese "Werksiedlung" im Westen auf bisherigen Acker- und Wiesengründen geschaffen.
Vor 1938 gab es in Liezen nur sehr wenige Wohnungen für Bedienstete eines Betriebes, Amtes oder Handwerksbetriebes. Ausnahmen waren lediglich das Forsthaus der Bundesforste in Hasseg, Ortsteil Pyhrn, und das Haus Hauptstraße 37, welches zwar nicht nach Vulgonamen, sondern allgemein als "Kanzler-Arbeiter-Heim" bezeichnet wurde. Damit war die Kanzler-Mühle gemeint, die ungefähr dort stand, wo später am Pyhrnbach die Baustoffhandlung Quester stand. Als richtiges Wohnhaus hatte die Großeinkaufsgenossenschaft östlich des Bahnhofes Liezen Unterkünfte für ihre Mitarbeiter geschafffen.
Die Mitarbeiter in der Land- und Forstwirtschaft waren auf den Bauernhöfen mit Wohnräumen versorgt, ebenso das Personal der Gasthöfe, der Handwerksbetriebe und des Handels beim Arbeitgeber oder selten auch privat untergebracht.
Die ersten Siedlungen
Hier soll nun der einzig Berufene zu Wort kommen. Helmut Lackner erläutert uns in seinem Buch "Der soziale Wohnbau in der Steiermark 1938 - 45" ganz deutlich:
"Die heute zur VOEST- Alpine gehörige Hütte Liezen entstand in den Jahren 1940 - 42 nach der Zusammenlegung der Blechwalzwerke Wasendorf und Rottenmann, deren Stahlwerke aufgelöst und in Liezen konzentiert wurden. Während des Zweiten Weltkrieges erzeugte Liezen mit einem 17 Tonnen Martinhofen und drei Elektrostahlöfen vor allem Gußteile für Fahrzeug- und Motorenteile. Zum Sitz der neugegründeten Siedlungs-AG für diese Industriebetriebe wurde jedoch das Blechwalzwerk Schmiedhütte Krems an der Donau gewählt.
Die Siedlung Liezen der Gemeinnützigen Donau - Ennstaler Siedlunga AG (Gedesag) von Architekt Dr. Klaudy und Ing. Lippert - die einzige in der Steiermark - bildet im Westen der Ortskernes zwei große Vierkanthöfe aus 38 Zweispännern und mit insgesamt 152 Wohnungen. Der leichten Hanglage entsprechend sind die Häuser höhengestaffelt und teilweise dreigeschossig. Abgesehen von der vorhandenen Baumassengliederung durch Vor- und Zurückspringen der Häuerfronten, Eck- und Fassadenerker, gewölbte Durchfahrten und einer neunbogigen Arkadenreihe im NO- Eck mit dahinterliegendem Kaufladen sind vom ursprünglichen Fassadenkonzept nur mehr Reste der Eckquaderung und der geohrten Türumrahmung vorhanden bzw. überhaupt ausgeführt worden. Die Walben- und Schopfwalmdächer verleihen den beiden Baublöcken einen geschlossenen Eindruck und beinahe wehrhaften Charakter."
Diese Wehrhaftigkeit ist am besten an den Süostecken der beiden Wohnblöcken an den Kreuzungen mit der Grimminggasse und dem Dr. Karl-Renner-Ring zu sehen. Diese Wohnungen stellten in dieser Zeit eine Verbesserung der Wohnqualität dar. Gab es damals kaum Wohnzimmer, so war hier die Wohnküche der Mittelpunkt der Einheit. Dazu kamen noch ein Schlafzimmer und ein zusätzlicher Raum, ein kleiner Vorraum, WC und Badezimmer. Manche Wohnungen hatten zwei zusätzliche Räume und auch einen Abstellraum. Die einzelnen Häuser wurden bis 1955 als Werksiedlung 1 - 38 bezeichnet. Bedingt durch den Vorrang der Rüstungsindustrie hatten die Badezimmer statt der Wannen oft nur Duschbecken und die Elektroinstallation war mit Aluminiumleitungen verlegt. Lediglich der 1. Block (Norden) hatte mit Ausnahme der Südseite verputzte Außenwände, aber auch das heutige Haus Siedlungsstraße 10.
Ungefähr in der gleichen Zeit errichtete die GEDESAG den "Meisterblock", eine kleine Reihe von vier zweigeschossigen Wohnhäusern. Hier sollten nur jene Bediensteten untergebracht werden, die man fallweise dringend benötigte. Daher die Lage in der Werkstraße mit den Nummern 2, 2a, 4 und 4a.
Über die Entstehung jener zweiten Siedlung dieser Zeit, die Südtirolersiedlung (heute Südtirolergasse 1 - 12) berichtet uns Helmut Lackner:
"Die Südmärkische Heimstätte war mit 188 Wohnungen am Südtiroler- Wohnbauprogramm in der Steiermark beteiligt, was einem Anteil von 43,8% am Gesamtwohnungsbestand der Heimstätte entspricht. Die Wohnbrauten der Südmärkischen Heimstätte, deren Planungsarbeit in engster Zusammenarbeit mit dem Gauheimstättenamt erfolgte, stellen sicher das Optimum des nationalsozialistischen Wohnbaues in der Steiermark dar. Die 60 Wohnungen mit 12 Zweispännern und 40 Wohnungen sind dabei eine Ausnahme, da sie den geplanten "Neue - Heimat - Siedlungen" angeglichen sind. Die Liezener Siedlung hatte zu dem auf Grund der vorzeitigen kriegsbedingten Fertigstellung im Jahr 1943 einige Ausführungsmängel aufzuwiesen, die den folgenden Bericht ergab: Die Bauausführung ist schlecht und unsachgemäß. Nach dem Kriege, sobald Ersatzbauten errichtet werden können, sind die Wohnhäuser zur Gänze abzutragen."
Zu diesem Befund ist anzuführen, dass in der Nachkriegssituation an einen Abbruch nicht zu denken war und dass ja auch jedes Provisorium zu einem definitiven Zustand wurde. Die Siedlungsgenossenschaft - nun "Heimstätte Graz" - genannt, ließ aber 19 dieser Häuser gründlich instandsetzen, wobei auch die Kellergeschosse einer gründlichen Renovierung unterzogen wurden.
Die GEDESAG errichtete noch eine weitere kleine Siedlung, die nach jenem Bauernhaus, von dem die notwendigen Gründe gekauft wurden, "Kreuzhäusler - Siedlung" benannt wurde. Es handelte sich hier um vier doppelgeschossige Wohnhäuser, die für die leitenden Ingenieure geschaffen wurden. Heute sind darunter die Häuser Ausseerstraße 57, 59, 61 und 63 (C-Nr. 337 - 340) zu verstehen. Für weitere Führungskräfte der Schmidhütte wurden aber auch die Häuser Birkenweg 1, 5 und 12 errichtet. Vor allem das Wohnhaus Birkenweg 1 wurde lange noch als die "Direktor- Villa" bezeichnet. Die dazugehörigen C. Nummern lauten 341 - 343. Die letzen Gebäude, die von dieser Wohnbaugenossenschaft gebaut wurden, waren die sogenannten "Massivbaracken", heute in der Roseggergasse die Nummern 11, 13 und 15. Das erste dieser Wohnhäuser wurde lange Zeit von der Hütte Liezen als Lehrlingsheim verwendet.
Für einen Autobahnbau wurden in diesen Jahren Vorarbeiten erbracht, der über den Pyhrnpass und weiter in Richtung Weißenbach bei Liezen führen sollte. Dafür wurden zumindest vier schöne Häuser gebaut, von denen heute drei am Waldweg und eines in der Salzstraße zu finden sind. Ihre Orientierungsnummern sind Waldweg 8, 10 und 12 und Salzstraße 20.
Die damalige Bezirksverwaltung, Landratsamt genannt, erbaute in diesen Jahren ein Haus für ihre Bediensteten. Heute trägt dieses Haus die Bezeichnung Grimminggasse 20. In diesem Falle ist bekannt, dass hierzu von den Deutschen Bau- und Bodenbank ein Kredit von 143.000 Reichsmark gewährt wurde. Es kann aber angenommen werden, dass auch andere Wohnbauten ähnlich finanziert wurden. Als Rechtsnachfolger übernahm diese Wohnungen nach 1945 die Bezirkshauptmannschaft.
Darüber hinaus gab es in dieser schweren Zeit keine weiteren Wohnbauten. Es ist nur noch zu ergänzen, dass auch das damalige Wirtschaftsamt-, später Fürsorge- und Finanzamt, heute Vermessungsamt (Ausseer Straße 70, C-Nr. 321) gebaut wurde. Auch die Amtsräume, Garagen und Werkstätten der Baubezirksleitung, nun Hauptstraße 41B und 43, sowie der ehemalige Seuchenschlachthof, Selzthaler Straße 18, wurden in diesen Jahren errichtet.
Antrag zur Stadterhebung
- 06.12.1946
Am 06.12.1946 beantragte der Gemeinderat der Ortsgemeinde Liezen in einem Schreiben an die Landeshauptmannschaft für Steiermark in Graz die Erhebung der Ortsgemeinde Liezen zur Stadtgemeinde. Als Begründung wird die wirtschaftliche Bedeutung und die Lage als Verkehrsmittelpunkt angeführt.
In der von Schulrätin Margarete Aigner verfassten Festschrift zur Stadterhebung wird über Liezen folgendes ausgeführt:
Liezen hat gegenwärtig 4.606 Einwohner und 373 Häuser. In den letzten 10 Jahren entstanden 76 Neubauten, darunter die Werksiedlung mit 171 Wohnungen.
In Liezen befinden sich die Bezirkshauptmannschaft, der Bezirksschulrat, das Bezirksgericht, das Finanzamt, das Baubezirksamt, das Arbeitsamt, das Bezirksgendarmeriekommando, ferner die Kammer für Handel und Gewerbe, die Bezirksbauernkammer, ein Postamt, ein Notariat, das Vermessungsamt, das Eichamt.
Die sechsklassig gemischte Volksschule mit drei Parallelen zählt 486 eingeschriebene Schüler. Die seit 1947 bestehende Hauptschule wird ab Schulbeginn 1947 zwei Klassen führen.
Im Orte befinden sich drei Ärzte, ein Dentist, eine Apotheke, eine Drogerie, eine Zweigstelle des ÖRK, ein Rechtsanwalt, ein öffentliches Schwimmbad, ein Wannenbad, weiters die Alpenländische Kunstkeramik (goldene Weltausstellungsmedaille London, Barcelona), eine Schafwollwarenfabrik, die Großeinkaufsgenossenschaft, eine Buchhandlung und Buchdruckerei, sieben Kaufgeschäfte, eine Schuhhandlung, drei Trafiken, drei Fleischhauer, zwei Bäcker, ein Konditor, ein Kaffeehaus, eine Sodawassererzeugung, ein Bierdepot, zwei Friseure, ein Photograph, zwei Uhrmacher, ein Radiogeschäft, zwei Hafner, ein Zimmermeister, ein Lederhosenerzeuger, ein Kino, 22 Wirte, zwei Schmiede, ein Schlosser, zwei Spengler, zwei Wasserleitungsinstallateure, drei Mechanikerwerkstätten, zwei Elektroinstallationsgeschäfte, ein E-Werk, eine Säge, eine Kunstmühle, drei Maler, ein Maurermeister, ein Weißgerber.
Beschluss der Landesregierung
- 02.04.1947
Ennstaler Leistungssschau
- 13.09.1947 - 21.09.1947
Festprogramm:
13.09.1947 Tagung der Bürgermeister und Lehrer des Bezirkes Liezen
Stadterhebungsfeier
Feierliche Eröffnung der Leistungsschau in der Volksschule
Heimatabend im Saal der Hütte Liezen
14.09.1947 Weckruf
Wettbewerbe der Volkstanz und Volksmusik
Gottesdienste: Feierliches Hochamt in der Stadtpfarrkirche und ev. Festgottesdienst im Kinosaal
Festzug
Preisverteilung der Wettbewerbe
Freilichtaufführung des Volksstückes "Hoamat" im Dumbapark
Veranstaltungen:
15.09.1947 Tagungen der Baumeister und Architekten sowie des Fremdenverkehrsverbandes Enns- und Paltental
Platzkonzert der Liezener Bauernkapelle
Ennstaler Modenschau im Hotel Post
16.09.1947 Tagung der Musiklehrer der Ennstaler Musikvereinigung
Serenadenabend im Dumbapark
17.09.1947 Märchennachmittag "Das Wunderpfeiferl"
Platzkonzert der Admonter Blaskapelle
18.09.1947 Tagung des Handels
Festliches Abendkonzert im Hotel Post
19.09.1947 Platzkonzert der Lassinger Bauernkapelle
20.09.1947 Tagung des Gewerbes
Heimatabend der Heimat- und Trachtenvereine des Bezirkes Liezen
21.09.1947 Schlusssitzung der Aussteller im Hotel Post
Kasperltheater auf der Festwiese
Ennstaler Modenschau
Aufführung des Volksstückes "Die Wilderer-Toni" durch die Heimatbühne Admont
Feier zur Stadterhebung
- 13.09.1947 - 21.09.1947
50 Jahre Stadt Liezen
- 12.09.1997 - 14.09.1997
60 Jahre Stadt Liezen
- 12.01.2007
70 Jahre Stadt Liezen
- 01.06.2017 - 03.06.2017
75 Jahre Stadt Liezen
- 30.07.2022
Für Samstag, den 30. Juli 2022 war ein großes Volksfest am Kulturhausplatz und in der Fußgängerzone geplant. Das Programm: 11.00 Uhr feierliche Eröffnung mit Bieranstich und Frühschoppen bei der Bühne am Kulturhausplatz, 11.00 bis 19.00 Uhr großes Kinderprogramm „Kidsmania" auf der Fläche des Eislaufplatzes, 13.00 bis 17.00 Uhr musikalische Unterhaltung mit „Die Ausseer", 19.00 Uhr Sommernachtskonzert der Stadtmusikkapelle Liezen, 21.00 Uhr Konzert der Boogie Beasts. Alle Besucher erhielten vor Ort einen Gutschein für ein Essen
Anlässlich des Jubiläums der Stadterhebung vor 75 Jahren wiederholte Radio Freequenns eine Sendereihe, die der Liezener Stadtarchivar und langjährige ehrenamtliche Radiomacher Karl Hödl mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen dieses Ereignisses aufgenommen hat. So ist z. B. am 19. Juni das Gespräch mit Altbürgermeister Rudolf Kaltenböck und der langjährigen Gemeinderätin und Lehrerin Christine Stipanitz und am 3. Juli jenes mit den Liezener Unternehmern Wolfgang Überbacher und Susanne Aigner-Haas zu hören.
Quelle: LIEZENBEWEGT, 32. Folge, Juni 2022, S.22.