Gemeindekennziffer: 61259

GebäudeRathausplatz 01

  • Errichtet
    1907
  • |
  • Adresse
    Rathausplatz 1
  • |
  • Lage

    Südlich der Kirche, an der Stelle, wo die damalige Hauptverbindung nach Süden in die heutige Alte Gasse abbog. Die heute nach Süden führende Hauptstraße hat es damals noch nicht gegeben.
    C-Nr. 17. Frühere Adresse Hauptstraße 12.
    Baubehördliche Benützungsbewilligung erteilt am 31. 10. 1907.


Rathausplatz 01

Mit Beschluss vom 06.11.1875 kaufte die Gemeinde von Frau Pumpernig das Haus, in dem sich bereits die Bezirkshauptmannschaft befand. Es handelt sich um das heute noch bestehende Rathaus, das vorher auch ein Gasthaus war und mit dem Vulgonamen "Neuwirt" oder auch "Schlossertaferne" hieß. Dieses Haus wurde für die Aufnahme der Gemeindekanzlei und einer Wohnung adaptiert. 1905 beriet der Gemeinderat über den Umbau des Amtsgebäudes. Das Haupttor, das sich früher an der Nordseite befand, sollte nach Osten, mit dem Blick zur "Reichsstraße" (heute Pyhrnpaß-Bundesstraße) verlegt werden. Umbau zur heutigen Fassade der Süd-, Ost- und Nordseite im Jahre 1907. Die Eröffnung des neuen Amtsgebäudes fand im Oktober 1907 statt. Die Bezirkshauptmannschaft hatte die meisten Räume gemietet und blieb dort bis 1961. Nur das Erdgeschoß und eine Kanzlei im 1. Stock wurden ab 1907 von der Gemeinde benützt. Das Rathaus hat heute noch die beim damaligen Umbau geschaffene äußere Form, nur westseitig (am Rathausplatz) wurde gegen Ende des 20. Jhd. ein Zubau für ein neues Stiegenhaus geschaffen. 1999 wurde mit einer umfassenden Sanierung des Rathauses nach Plänen des Architekten Molinars begonnen. Es wurde ein Stiegenhaus angebaut, im Erdgeschoss das Bürgerservice, im Dachgeschoss die ehemalige Dienstwohnung aufgelassen und Büros und der Sitzungssaal errichtet.


Das neue Rathaus, Bericht im "Grazer Tagblatt"

  • 22.11.1907

Das neue Rathaus in Liezen wurde von Friedrich Hofmann, Architekt in Graz, erbaut. "Architektur ist Stein gewordene Musik". Der Vergleich hinkt, wie jeder seit Homers Zeit. Trotzdem ist er der besten einer, da er bei der großen Verschiedenheit der beiden Künste die gleiche Wirkung in der gemeinsamen Ursache findet: der Harmonie!

Harmonisch-schön ist die steinerne Sinfonie, die, jüngst von Meisterhand vollendet, in die klare Bergluft Liezens emporklingt. In schwer gefügten Akkorden, den ernsten Zweck seines Daseins kündend, hebt sie sich aus der Erde, um in lebhaft gegliederten Firstkonturen, die die schlanke Turmkuppel überragt, himmelwärts auszuklingen. Und wenn auch Säulen, Mauern und Gebälke die Noten dieses Kunstgebildes sind, es ist kein starres; der Wechsel des Sonnenlichtes und Mondenscheins, des Morgengrauens und der Abenddämmerung, selbst der schwarze Mantel der Nacht und das Echo des mächtigen Hintergrundes - das Massiv des hohen Tausing und der Koloß des weißen Grimming - entlocken ihm stündlich neue Variationen.

Und so wird es fortwirken in unabsehbare Zukunft, erfreuend, erziehend und veredelnd, ein Denkmal für seinen Meister, aber auch für den begeisterungsfähigen Gemein- und Opfersinn seiner Erbauer.

Das im Vorfrühling des heurigen Jahres begonnene und bis auf den Einbau der transparenten Turmuhr vollendete Liezener Rathaus dankt seine Entstehung teils der Not an Amtsräumen für die k. k. Bezirkshauptmannschaft, teils einem Zufalle und in erster Linie der edlen Selbstlosigkeit des Herrn Architekten Friedrich Hofmann, der außer dem geringfügigen Ersatze für seine Barauslagen keinen anderen Künstlerlohn verlangte als den, der nach Goethe "selbst sich lohnet".

Die Rolle des Zufalles übernahm unmittelbar der enge Freundschaftsbund, der den Herrn Architekten Friedrich Hofmann mit dem Tondichter Herrn Dr. Wilhelm Kienzl verbindet. "Die Beschränkung macht den Meister", sie kann aber auch zur Qual werden.

Der Baumeister stand vor dieser schwierigen Aufgabe einer allseitigen Beschränkung. Der Grundriß des alten Gebäudes, ja das Mauerwerk bis zum zweiten Stockwerke sollten Verwendung finden und die Mittel waren karg. Doch in dieser Beschränkung zauberte der Meister. Er hob den stark gedrückten Unterbau durch eine äußerliche Hebung des Gesimses des Erdgeschoßes, hob die niedrigen Fenster derselben durch eine in ihrer Einfachheit verblüffende Maskierung und vereinigte das architektonische Schwergewicht auf den Turmbau über dem Eingangstore, wodurch das in deutscher Renaissance gebaute Haus einen ausgesprochen repräsentativen Charakter erhält und einer kleinen Burg aus der besten Zeit dieses Baustiles gleicht. Die beiden, das Eingangstor flankierenden Säulen tragen ein rechteckig massives Konsol, auf dem sich im Fünfeck verjüngend, der Erkerturm aufbaut, der mit einer entzückend gebogenen, altgrün patinierten Kuppel, die mit einer lustigen Laterne abschließt, gekrönt ist.

Beiderseits des Turmes ragen schmale Giebel empor, die das Reichs- und Landeswappen in Steinguß zieren.

Diese geistvolle, kräftige und lebendige Gliederung des Mittelbaues gestattete eine einfache Gestaltung der Fronten, ohne den repräsentativen Eindruck des Ganzen zu schmälern. Die Seitenfronten des völlig freistehenden Gebäudes laufen ebenfalls im Giebel aus, die im Gegensatze zu den Fenstern des ersten und zweiten Stockwerkes und gleich denen des Erdgeschoßes mit Rundbogen überwölbt sind.

Von ganz ungewöhnlicher Schönheit ist das reich gegliederte Dach, das, mit Biberschwanzziegel gedeckt, den Stil festhält.

Mit seiner in des Wortes edelster Bedeutung beispielloser Selbstlosigkeit adaptierte der Bauleiter, Herr Oberingenieur Konstantin Strobl, das Geisteskind des Meisters und behütete mit Liebe, Bewunderung und täglichem Fleiße sein Ziehkind.

Wie verlautbart, hat der Gemeindeausschuß von Liezen die feierliche Eröffnung dieses Gebäudes an einem Sonntage des kommenden Monates beschlossen, und soll hiezu außer Herrn Architekten Friedrich Hofmann auch Seine Exzellenz der Herr Statthalter von Steiermark als Gast gebeten werden, da, wie erwähnt, in diesem Neubaue die Amtsräume der k. k. Bezirkshauptmannschaft Liezen untergebracht sind.

 

Gerlinde Polzer, 16.01.2018


Reparaturarbeiten 1933

  • 13.09.1933
Bei Reparaturarbeiten wurde 1933 im Dachgeschoßbereich ein später wieder aufgefundenes Brett mit folgender Aufschrift deponiert:
Franz Kleewein
Johann Birkmann
am 13. Sept. 1933
bei einer sehr schlechten Zeit

Umbau vor der Stadterhebung

  • 1947
Laut einem Bericht im "Ennstaler" vom 12. September 1947 wurde das Rathaus vor der Stadterhebung renoviert. Die Innengestaltung mit Schaffung eines neuen Sitzungssaal lag in den Händen der Schladminger Architektin Ulrike von Manhardt. Die künstlerische Ausgestaltung besorgte Prof. Hittmann. Er schuf ein (schon Ende der 70er Jahre nicht mehr vorhandenes) 4 m langes und 2 m hohes Gemälde, auf dem der Bezirk Liezen dargestellt war. Die Eichentüren kamen aus der Werkstätte des Schladminger Tischlermeisters Hönigl und der handgehämmerte Luster vom Triebener Schmied Ebner.

Eingang über historisches Tor

  • 20.06.2022
Der Ein- und Ausgang wurde neu geregelt: Der Zugang für den gesamten Parteienverkehr wurde auf die Ostseite des Hauses, also zum Eingang auf die Hauptstraße verlegt. Somit ist der Zugang über den Rathausplatz nur mehr für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rathauses möglich.
Quelle: LIEZENBEWEGT, 32. Folge, Juni 2022, S.6.

Verfasser: Karl Hödl, 13.08.2008
Letzte Überarbeitung: 18.01.2023
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